Schwindel: Wenn sich alles dreht

Die Halswirbelsäule als Auslöser für Schwindel
Die Ursache für Kopfschmerzen und Schwindelgefühle können in der Halswirbelsäule liegen.

Die Ursachen für Schwindel können vielfältig sein. Häufig kommt man viel zu spät nach vergeblicher HNO- und neurologischer Untersuchung auf die Idee, dass die Halswirbelsäule der Hauptauslöser sein könnte. Dann kann der Facharzt für Orthopädie helfen.

Es ist ein ganz unbehagliches Gefühl: man verliert die Orientierung, hat ein Empfinden des Schwankens oder Drehens – Schwindel. Bei vielen Menschen geht dieses Gefühl für gewöhnlich schnell wieder vorüber. Doch bei anderen bleibt es dauerhaft. Schwindel kann die Lebensqualität erheblich einschränken. Wenn der Gleichgewichtssinn gestört ist, kann das viele Ursachen haben. Häufig liegt die Ursache im Ohr. Schwindel kann aber auch von der Halswirbelsäule herrühren, dann sprechen Experten von zervikogenem Schwindel.

Die Ursachen können vielfältig sein. Unter anderem führen Haltungsfehler, muskuläre Fehlfunktionen, Gelenkverschleiß oder Erkrankungen an den Bandscheiben zu dumpfbohrenden Kopfschmerzen führen. Während der Schwindel auftritt, sollte man beobachten, was passiert. Hat er akut begonnen? In welchen Situationen tritt er meistens auf? Dreht sich dann alles oder schwankt es eher? Gibt es Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Kopfschmerzen oder Ohrgeräusche? Gibt es Vorerkrankungen oder nehmen Sie Medikamente? Die Antworten darauf kann man in ein Schwindeltagebuch schreiben und später dem Arzt oder der Ärztin zeigen. Das hilft dabei, eine genauere Diagnose zu stellen.

Schwindelerkrankungen lassen sich häufig gut behandeln, wenn die Ursache klar ist. Wie so viele Beschwerden kann auch Schwindel von der Wirbelsäule, insbesondere von der Halswirbelsäule, ausgehen. Immerhin sind schätzungs- weise 80 bis 90 Prozent der Menschen in Deutschland in ihrem Leben mindestens einmal von Rückenschmerzen betroffen. Die Wirbelsäule bildet das Zentrum unseres Bewegungsapparates. Die Wirbelsäule mit den Bandscheiben verhindert etwa Fehlbewegungen und fängt Erschütterungen ab. Außerdem laufen wichtige Nervenbahnen entlang der Wirbelsäule durch den Wirbelkanal. Sind die kleinen Wirbelgelenke der Wirbelsäule nun gestört, verursacht das Sehstörungen, Tinnitus und Schwindel.

Doch was hilft bei zervikogenem Schwindel? Zur richtigen Diagnose führt eine ausführliche körperliche Untersuchung durch den Facharzt für Orthopädie. Im Zuge dieser Untersuchung werden auch Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule erstellt. Häufig kann auf weitergehende bildgestützte Abklärung, wie zum Beispiel MRT, zunächst verzichtet werden. Oft ging bereits eine Untersuchung durch den Neurologen und HNO-Arzt voraus, wobei entweder kein auffälliger Befund festgestellt worden ist, oder sich unter der Behandlung dort keine Besserung eingestellt hat. Zur Behandlung stehen ebenfalls verschiedene Therapiemethoden zur Verfügung. Eine medikamentöse Therapie wird ergänzt durch eine physikalische Behandlung mittels Massagen oder Krankengymnastik.

Sinnvoll ist für Betroffene meist auch eine medizinische Trainingstherapie. Mithilfe von gezieltem Training erhalten Schwindelpatienten einen individuellen Trainingsplan und absolvieren an speziellen Trainingsgeräten ihre Übungen unter Anleitung eines Diplom-Sportwissenschaftlers oder -Sportlehrers. So wird ein muskuläres Ungleichgewicht ausgeglichen, der Körper stabilisiert und damit die Ursache des Schwindels beseitigt.

Dem Schwindel auf den Grund gehen

Welche Einschränkungen haben Patienten, die unter zervikogenem Schwindel leiden?

DR. JOSEPH HEUSSEN Die Patienten leiden unter Drehschwindel oft mit mehr oder weniger starker Gangund Standunsicherheit. Die kleinen Wirbelgelenke besonders im Bereich der Halswirbelsäule helfen dem Gleichgewichtssinn, die Lage und Stellung des Körpers im Raum zu erkennen. Fehlhaltungen und daraus folgende Störungen verursachen häufig Halswirbelsäulen bedingte Kopfschmerzen und nicht selten auch Schwindel und Ohrgeräusche.

Welche Behandlung kommt für diese Menschen infrage?

DR. HEUSSEN Zunächst erfordert es die langjährige Erfahrung des Facharztes für Orthopädie um schon allein aus dem Gespräch und der rein körperlichen Untersuchung die Verdachtsdiagnose auf zervikogenen Schwindel zu stellen. Dabei ist die genaue Untersuchung des Manualtherapeuten gefragt, nicht jedoch aufwändige technische Untersuchungen. Steht die Diagnose, ist es notwendig, die häufig entzündliche Irritation der kleinen Wirbelgelenke zum Beispiel durch manuelle Therapie, Osteopathie und Physiotherapie zu behandeln.

Was ist Ihnen bei der Behandlung besonders wichtig?

DR. HEUSSEN Der erste Schritt bei unklarem Schwindel ist die hausärztliche Untersuchung auf Herz-Kreislaufbeteiligung. Ist dies ausgeschlossen, sollte der zervikogene Schwindel in Erwägung gezogen werden. Die Abklärung, ob der Schwindel von der Halswirbelsäule verursacht wird, erfordert viel Erfahrung vom Facharzt für Orthopädie, ist technisch nicht aufwendig, wird aber oft erst nach langem Leidensweg veranlasst. Sinnvoll wäre es, eher an diese Möglichkeit zu denken und nicht erst nach langer Vorgeschichte.

Dr. med. J. Heussen

Dr. Joseph Heussen, Leiter Orthopädie ALBERTUS ZENTRUM

Artikelfoto: Andrey Popov via stock.adobe.com

Veröffentlicht am: 3. Mai 2024Kategorien: Orthopädie

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